Talfrühling am Lech

Türkisfarbenes Wasser, das gibt es nur an sonnigen Stränden in der Südsee. Wer das glaubt, liegt falsch. Gleich hinter der deutsch-österreichischen Grenze lässt sich dieses Naturschauspiel genauso gut bewundern: am Oberlauf des Lechs. Klar, anderswo gibt es das auch, meist aber weiter entfernt.

Von seiner Quelle unterhalb des Formarinsees bei Lech am Arlberg bis nach Füssen darf der Lech seinem natürlichen Verlauf folgen und Mineralien aufnehmen, die den Fluss selbst bei grauem Himmel türkisfarben schimmern lassen.

Fasziniert davon waren auch die 17 Mitglieder der Fachgruppe Kultur und Reisen der Heilbronner Naturfreunde, die Ende Juni eine erlebnisreiche Wanderwoche im Lechtal verbrachten.

Unser Basislager am Ufer des Lech

Von unseren Unterkünften – Campingplatz und Gasthaus in Häselgehr – konnten wir mit Wanderbussen mühelos die Startpunkte unterschiedlicher Etappen auf dem gut markierten Lechweg erreichen. Bushaltestellen entlang des Tals ermöglichen es, Wanderetappen flexibel zu verlängern oder abzukürzen. Die Wartezeit auf den nächsten Bus konnte bei einem kühlen Radler oder leckerem Kaiserschmarren in den Gasthäusern am Weg angenehm verkürzt werden.

Der Lechtalwanderweg beginnt am Formarinsee in der Nähe der Freiburger Hütte.

Während die Etappen im Tal mit Blick auf das schimmernde Wasser und weiße Kieselsteine wenig anstrengend waren, erforderten Wege am Talrand und vor allem gleich nach der Lechquelle die ganze Aufmerksamkeit der Wandernden. Besonders beeindruckt waren wir vom Formalinsee ganz hinten im Tal, umgeben von aufragenden Gebirgsmassiven. In Höhen über 1000 Metern ist Ende Juni die Vegetation noch frühlingshaft. Saftig grüne Wiesen mit einem Teppich bunter Blüten säumten unsere Wege. Immer wieder lohnte es sich, stehen zu bleiben und die Kulisse und den über kleine und größere Wasserfälle plätschernden Lech zu bestaunen.

Bergkräuterseminar im Heumuseum an der Jöchelspitze

Ein ganz besonderes Erlebnis war eine Kräuterwanderung auf der Jöchelspitze. Nach der Fahrt mit der Bergbahn führte uns die „Kräuterhexe“ Maria den gewundenen Pfad bis zum Bergheu-Museum hinauf und erklärte uns kenntnisreich die Pflanzen links und rechts des Weges. Sie vermittelte uns, dass die Natur mit Substanzen in den Kräutern helfen kann, Beschwerden zu lindern oder gar zu heilen. Am Ende drängten wir uns in der Hütte des Museums um einen Holztisch und mischten Tinkturen an mit Thymian, Mädesüß und Spitzwegerich, die hilfreich sind bei Husten, Kopfschmerzen und Insektenstichen bzw. Herpesbläschen. Kostproben von kräftig rotem Kräuterschnaps aus Blutwurz und von Holunderlikör halfen allen, den Weg bergab mit mehr Schwung und Leichtigkeit zu meistern.

Obwohl gegen Ende der Woche das Wetter etwas wechselhafter wurde, konnten alle – in kleineren Gruppen – nach Belieben aktiv sein: die sportlicheren und die weniger ambitionierten Wanderer, die Liebhaber von Museen, die E-Biker ebenso wie die von Hunden Begleiteten.

Ganz selbstverständlich sind auch die kulinarischen Erlebnisse nicht zu kurz gekommen, die Tiroler Speisekarte bietet für alle etwas: vor allem Deftiges mit Knödeln und Bratkartoffeln, aber auch Süßspeisen wie Germknödel und Kaiserschmarren und für Genießer fleischloser Kost Gemüsequiche und Salate.

Es bleiben aber vor allem die Eindrücke von der Kulisse des Formarinsees, von Maria, der Kräuterfrau, von der Hängebrücke in schwindelnder Höhe bei Holzgau – und nicht zuletzt vom strahlenden Türkis des Lechwassers.

Elke Eyer